Föttinger in Danzig
Der Stettiner Vulcan hat mit Schreiben vom 8. Juni 1909 der Auflösung des Arbeitsvertrages mit Föttinger zum 31.12.1909 zugestimmt. Damit konnte Föttinger seinen Dienst zum 1.1.1910 als etatmäßiger Professor für Schiffsturbinen, Propeller, Schiffskessel & Lasthebemaschinen in der Abteilung für Schiff- und Schiffsmaschinenbau an der Technischen Hochschule in Danzig-Langfuhr antreten.
Die Ernennung zum ordentlichen Professor durch Kaiser Wilhelm II. erfolgte bereits am 14. August 1909
Der Text der Bestallungsurkunde lautet:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen thun kund und fügen hiermit zu
wissen, daß Wir Allergnädigst geruht haben, den bisherigen
Schiffsmaschinenbau-Ingenieur Dr.Ing. Hermann Föttinger in Stettin zum
etatmäßigen Professor an der Technischen Hochschule in Danzig zu ernennen.
Es ist dies in dem Vertrauen geschehen, daß derselbe Uns und Unserem königlichen
Hause in unverbrüchlicher Treue ergeben bleiben und die Pflichten des ihm
übertragenen Amtes in ihrem ganzen Umfange mit stets regem Eifer erfüllen werde,
wogegen sich derselbe Unseres Allerhöchsten Schutzes bei den mit seinem
gegenwärtigen Amte verbundenen Rechten zu erfreuen haben soll. Urkundlich haben
Wir diese Bestallung Allerhöchstselbst vollzogen und mit Unserem Königlichen
Insiegel versehen lassen.
Gegeben Wilhelmshöhe, den 14. August
1909
Am 3.1.1910 bezog Föttinger seine Wohnung
im Bädeckerweg 13, Zoppot bei Danzig (heute: Wladislawa IV 13, Sopot/Polen)
Seine Antrittsvorlesung an der KTH Danzig hatte das Thema: "Über eine neue Anwendung des Turbinenprinzips"
Die Königlich Technische Hochschule Danzig war erst 1904 gegründet worden und befand sich im Aufbau. So war es Föttingers wichtigste Aufgabe, ein Institut für Hydro- und Aerodynamik aufzubauen.
Er hielt folgende Vorlesungen:
In den Jahren 1914/15 und 1915/16 war Föttinger Vorsteher der Abteilung für Schiff- und Schiffsmaschinenbau. Später wurden die Abteilungen zu Fakultäten zusammengefasst. Föttinger war 1923/24 zusammen mit Prof. Roth Abteilungsvorsteher in der Fakultät für Maschinen-, Schiffs- und Elektrotechnik.
Seine Hochschultätigkeit in Danzig war im 1. Weltkrieg unterbrochen, als Föttinger, obwohl selbst nicht "kriegsverwendungsfähig", von 1915 bis 1918 freiwilligen Hilfsdienst auf der Kaiserlichen Werft Kiel als Betriebsdirigent und Mitglied der kaiserlichen Schiffsprüfungskommission und der II. Torpedoboot-Abnahmekommission leistete.
Dennoch hielt er Kontakt zur TH Danzig z.B. mit einer Festrede anlässlich des Geburtstages S.M. des Kaisers am 27.1.1916 über: "Technik und Weltanschauung". Ob er darüber hinaus aktiv am Lehr- und Forschungsbetrieb beteiligt war ist fraglich
Während des Krieges konnte der Lehrbetrieb nur notdürftig aufrecht erhalten werden, weil Lehrkörper und Studenten "im Felde" bzw. beurlaubt waren. In den Jahren 1914/15 bis 1918/19 schwankte die Zahl der anwesenden Studenten zwischen 67 und 170. In der Festschrift 20 Jahre Technische Hochschule Danzig wird über diese schwierige Zeit berichtet. Insgesamt starben 180 Angehörige der TH Danzig den "Heldentod fürs Vaterland".
Das Ende des 1. Weltkrieges brachte nicht nur, aber besonders für Danzig, sehr unruhige und unsichere Zeiten. Föttinger kehrte an die TH Danzig zurück, nahm ab 16.7.1918 seine Tätigkeit als o. Professor wieder auf und engagierte sich sehr für die Belange der deutschen Studenten.
Die Novemberrevolution von 1918 hatte die innen- und aussenpolitische Situation Deutschlands zugespitzt. Polnische Kräfte versuchten Danzig einzunehmen. Föttinger wurde 1918 Mitbegründer des "Deutschen Volksrats Danzig" der große Protestversammlungen organisierte gegen die Abtrennung Danzigs von Deutschland. Auch die Studenten beteiligten sich aktiv und gründeten eine Hochschulkompanie im Rahmen der Grenzschutz-Ost-Bedingungen. 66 Studenten unter der Führung der Professoren Lienau, Petersen, Stremme und Föttinger bildeten des erste Kontingent der "Hagelsberg-Kompanie" und versuchten Ruhe und Ordnung herzustellen.
Deutscher Volksrat Danzig und Magistrat Danzig protestieren gegen die Landung polnischer Truppen in Danzig, 28./31. Dez. 1918
Der Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919 (Auszug) trat am 10. Januar 1920 in Kraft. Damit verbunden waren auch für die TH Danzig einschneidende Änderungen, denn sie war jetzt finanziell nicht mehr von Preussen, sondern von der nicht sehr begüterten Freien Stadt Danzig abhängig.
Am 20.1.1920 promovierte Föttingers wohl einziger Doktorand seiner Danziger Zeit Otto Zumbusch über: Die Flüssigkeitsreibung rotierender Scheiben und der Nachweis des Gesetzes der mechanische Ähnlichkeit der Zähigkeitsreibung. Mitberichter war Prof. Hans Lorenz von der Technischen Hochschule Braunschweig.
Am 1.5.1920 heiratete Föttinger in Danzig Frau Ella Margarete Fügner, geb. Schulz. Diese Ehe hielt allerdings nicht sehr lange. In einem Brief im Rahmen seines Berliner Berufungsverfahrens vom 2.7.1924 teilt Föttinger mit, dass seine Frau nach "unbekannt" verzogen sei. Die Ehe wurde 1926 geschieden.
Am 1. Dezember 1921 wurde Föttinger in den Dienst der Freien Stadt Danzig übernommen. Damit erhielt er auch die Staatsangehörigkeit der Freien Stadt Danzig.
Am 24.5.1923 erhält Föttinger die Anfrage, ob er sich vorstellen könne, die durch den Tod von Prof. Gümbel an der TH Charlottenburg vakante Professur zu besetzen. Damit beginnen langwierige Berufungsverhandlungen, die Föttinger mit Professor Dr. Aumund vom Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Aumund selbst war 1922 von der TH Danzig, wo er eine Professur für Hebemaschinen und Förderanlagen innehatte nach Berlin als Referent in das Preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung gewechselt.
Am 2. Mai 1924 beginnt das Patent 426198: Vektorintegrator.
Am 30.10.1924 wird Föttinger zum ordentlichen Professor an der TH Charlottenburg ernannt.
Am 16.11.1924 wurde Föttinger zum Ehrenbürger der TH Danzig ernannt. Föttinger erhielt darüber ein Diplom und eine Ehrenbürgerkette
Nachfolger von Föttinger an der TH Danzig wurde Professor Flügel
Mitarbeiter Föttingers waren u.a. Dipl.-Ing. S. Eicke, der Föttinger als Assistent nach Berlin folgte und Dipl.-Ing.Curt Stedefeld, mit dem Föttinger später im Rahmen seines Engagements bei der Kruckenberg´schen Flugbahn AG zusammengearbeitet hat.
Literatur
Kafemann: 20 Jahre TH Danzig 1904 - 1924 (TUB-Bibliothek: Sig. 4B 5927)
Danziger Berichte: Technische Hochschule Danzig 1904 - 1984, S. 80-82, Danzig-Archiv Stuttgart (TUB-Bibliothek: Sig. 4B 2162)